Kütahya verfügt über ein sehr reiches kulturelles Erbe. Diese reiche und bunte Kultur spiegelt sich vor allem in der Folklore der Region wieder. Volksweisen, Vierzeiler und Überlieferungen, Sprichwörter, regionale Redensarten, Legenden und Balladen sind Indikatoren dieses Reichtums. Die Volksweisen handeln vorwiegend von Liebe, Leid und Sehnsucht, sie beschreiben den Schmerz nach dem Verlust eines Menschen oder die Gefühle von Liebenden, die nicht zueinander finden. Sie werden zu Anlässen wie Hochzeiten, Verlobungsfeiern und Geburten gesungen und mit Volkstänzen unterlegt. Die Vierzeiler werden insbesondere bei den sogenannten Henna-Abenden und bei Festen vorgetragen.
Die Volkstänze von Kütahya, zu denen Stielkastagnetten gespielt werden, zählen zu den Zeybek-Tänzen. Bei den Volkstänzen herrscht Geschlechtertrennung: Der männliche Zeybek-Tanz wird in Langsam, Schnell und Gebrochen unterschieden. Die Tänze können von einer einzelne Person oder in Gruppen von zwei, vier oder sechs Tänzern aufgeführt werden. Einige Männertänze sind Kar Mı Yağdı, Çatalçam, Ahmet Bey, Sepetçioğlu, Sinanoğlu. Die Frauen führen in historisch wertvollen Trachten, die sich von der jahrhundertealten seldschukischen und osmanischen Hofkultur ableiten, folgende Tänze auf: Ebeler, Çömüdüm, Yasemen, Hafizem, Tıpır Tıpır, Keklik, A Hamamcı, Hop Şimdallı. Gerne versammeln sich die jungen Mädchen freitags zu Frauenabenden, wo die Folkloretänze den jüngeren Generationen weitergegeben werden. Die Männer vermitteln ihre Tanztraditionen im Kreise von sogenannten Yaren-Abenden, bei denen sowohl getanzt als auch unterrichtet wird. Diese Tradition wird in Kütahya nach wie vor in aller Lebendigkeit gepflegt.
Hochzeiten wurden früher auf den Plätzen der Stadt gefeiert und brachten so Festtagsstimmung in die Strassen. Die Plätze wurden dabei bis zum Morgengrauen mit Fackeln aus Kiefernstumpfen beleuchtet. Zum Spiel der Schlagstocktrommel und der Zurna genannten Oboe wird an Hochzeiten der Seymen-Tanz aufgeführt. Jeder der einheimischen Männer, egal ob jung oder alt, kennt diese Tänze und alle beteiligen sich daran. Aus den Dörfern reisen Puppenspieler an und zeigen ihre Künste. Stammt die Braut von weit her, so ist der Einzug der Braut mit einem Korso ein besonderes Ereignis. Es wird die Saz gespielt, Zeybek-Lieder werden gesungen und dazu wird getanzt.
Sıyırdılar kel poşu mu başımdan,
Ayırdılar yarenimden eşimden,
Kuşça kuşlar ayrılmasın eşinden,
Yarab nedir bu derdimin çaresi?
İyi olmuyor çifte kurşun yaresi.
Die Keffiye zog man mir vom Haupt
Der Kameraden, der Liebsten wurde ich beraubt.
Wie ein Vogel, aus dem Nest beklaubt.
Herr, was ist die Lösung meiner Pein?
Ungut, von zwei Kugeln verletzt zu sein.
Der Ernst und die Trägheit der Zeybek-Tänze spiegeln die charakterlichen Eigenschaften der Zeybeks wider, die für ihren Anstand und ihre würdevolle Art bekannt waren. Ihre Tänze führten sie in einer Art auf, die auf gegenseitigem Respekt, Demut und Anstand gründete.
Die jungen Frauen singen die Volksweise Çömdüm (Ich falle auf die Knie). Dieses Lied wird insbesondere bei den Mädchenabenden des Freitags gemeinsam gesungen. Der Text passt dabei bestens zu den einzelnen Tanzbewegungen, welche die Mädchen dabei ausführen.
Ay oğlan yiğit misin?
Dağlarda geyik misin?
Selam verdim almadın
Allah’tan büyük müsün?
Çömdüm de çömdüm yar
Derdinden çürüdüm yar
Ay oğlan arsız oğlan
Dünyada yersiz oğlan
Kalaysız kaba benzer
Dünyada yersiz oğlan
Çömdüm de çömdüm yar
Derdinden çürüdüm yar”
Jüngling, sag, bist du ein Held?
Gar ein Hirsch in der Bergenwelt?
Meinen Gruss du nicht erwiderst
Hast du dich über Gott gestellt?
Geliebter, knie ich auf der Erden
Dein Leid ist mein Verderben
Bursche, frecher Bursche
Der Welten fremder Bursche
Wie ein Topf ganz ohne Zinn
Der Welten fremder Bursche
Geliebter, knie ich auf der Erden
Dein Leid ist mein Verderben